Digitalisierung und KI

Die Kanzlei im Home Office – wie geht das?

Teilen:

Zu Beginn der Corona-Krise war schnelle Reaktion verlangt: Auch Steuerberatungskanzleien mussten ihre Mitarbeiter möglichst ins Home Office schicken.

Wie das gelingen konnte, erzählten die Steuerberater Mag. Maria Fellinger (E. M. Romberg), Mag. Michael Bubla (Bubla & Bubla) und Mag. Christian Klausner (HFP) bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen der jährlichen TAXPO am 20.10.2020. Alle drei Kanzleien kamen von Anfang an gut durch diese herausfordernde Zeit. Wie haben sie das gemacht?

„Wir haben von heute auf morgen komplett auf Home Office umgestellt“ erinnert sich Maria Fellinger an den ersten coronabedingten Lockdown im Frühjahr 2020. Und auch Michael Bubla und Christian Klausner erzählen von einer ähnlich plötzlichen Umstellung des gesamten Kanzleibetriebs, als es darum ging persönliche Begegnungen von Menschen möglichst einzuschränken: „Unsere Mitarbeiter sind noch am selben Tag zu Mittag mit Bildschirmen und Tastatur unter dem Arm nach Hause gegangen“, erzählt Michael Bubla. „Das hat an beiden unserer Standorte problemlos funktioniert.“ Ähnlich rasch lief es bei der HFP Steuerberatung GmbH, die schon vor Corona 20 Home-Office-Plätze hatte. „Damit war allerdings die Kapazitätsgrenze unseres Servers erreicht“, so Christian Klausner. Bei insgesamt 80 Mitarbeitern mussten nun also 50 weitere Home-Office-Plätze „aus dem Boden gestampft“ werden, was bedeutete, dass viele Mitarbeiter vorübergehend ihre privaten Arbeitsplätze zu Hause verwenden mussten. Wer keinen PC hatte, bekam einen von der Kanzlei zur Verfügung gestellt.

Technische Voraussetzungen und Sicherheit

Dass diese schlagartige Übersiedlung ins Home Office überhaupt funktionieren konnte, lag auch daran, dass alle drei Kanzleien schon lange mit der Digitalisierung ihrer Arbeitsprozesse begonnen hatten. Daten und Software waren schon längst online zugänglich, und auch Kommunikation und Datenaustausch mit den Klienten lief schon zuvor großteils über sichere Online-Tools ab. So war es möglich, dass die Mitarbeiter vom ersten Tag an auch von zu Hause aus auf dieselben Programme und Daten Zugriff hatten wie in der Kanzlei.

Doch während beim ersten Lockdown noch jede Notlösung in Sachen technischer Ausstattung willkommen war, ist es auf längere Sicht unerlässlich, auch im Home Office alle Sicherheitsanforderungen zu erfüllen: Das bedeutet, dass es einen eigenen PC für die Kanzleiarbeit geben muss, der nicht auch für Privates verwendet wird. Dieser ist mit denselben Sicherheitssystemen ausgestattet wie die Geräte im Büro und greift auf dieselben Cloud-Anwendungen zu. Auch dvo Software bietet solche Cloud-Arbeitsplätze an, die die Zusammenarbeit enorm erleichtern, wenn Mitarbeiter im Home Office arbeiten.

Vertrauenssache

Wie weiß die Kanzleileitung, ob die Mitarbeiter zu Hause wirklich arbeiten? Maria Fellinger hat hier keine Sorge: „In unserem Berufsfeld weiß man sehr wohl, ob die Leute arbeiten, weil der Umfang der Leistung klar umschrieben ist. Es gibt Leistungserfassungen und interne Aufzeichnungen, die man leicht kontrollieren kann. Und man muss auch Vertrauen in die Mitarbeiter haben. Das ist nicht das Thema.“ Ein Problem gab es eher in umgekehrter Richtung: „In der Anfangsphase war es für die Mitarbeiter schwierig, die Arbeit loszulassen. Im Home Office vergisst man auf Pausen, aufs Abdrehen, weil die Arbeit ja da ist.“

Kommunikationswege im neuen Arbeitsalltag

Ganz ohne Anwesenheit in der Kanzlei geht es aber nicht. „Bei uns waren jeden Tag zwei Mitarbeiter mit mir im Büro“, erzählt Maria Fellinger. „Dabei haben wir ständig abgewechselt, damit die direkte Kommunikation weiterhin funktioniert. Es wurde viel telefoniert, auch zwischen den Mitarbeitern.“ Das Telefon blieb trotz Online-Tools für alle drei Kanzleien wichtiges Kommunikationsmittel im Home Office. Aber am besten abseits der privaten Telefonnummern: Bubla & Bubla nahm die Krise zum Anlass, die Telefonanlage so zu erweitern, dass Mitarbeiter auch von zu Hause aus über die Kanzleinummer erreichbar blieben. So konnte die so wichtige persönliche Beziehung zu den Klienten auch im Home Office aufrechtbleiben, während gleichzeitig der Auftritt der Kanzlei nach außen gewährleistet war. Michael Bubla rät jedoch, Kernzeiten festzulegen, zu denen Klienten die Kanzleimitarbeiter direkt erreichen können. Außerhalb dieser Kernzeiten bleibt das Firmentelefon im Home Office still, damit Arbeitszeit und Freizeit möglichst getrennt werden können.

Trotz hervorragender Tools bleibt das Thema Kommunikation in Zeiten des Lockdowns eine Herausforderung: „Es ist ein Unterschied, ob ich im Büro mit Kollegen die Fälle besprechen kann, oder ob ich das per E-Mail oder im Online-Call mache “, erzählt Christian Klausner. Und Michael Bubla ergänzt: „Die zwischenmenschliche Kommunikation fehlt.“ Das informelle Gespräch bei der Kaffeemaschine sozusagen. Bubla & Bubla haben genau dafür eine WhatsApp-Gruppe speziell für den privaten Austausch unter den Mitarbeitern eingeführt. Hier können sie private Nachrichten austauschen, einen freundlichen Gruß in die Runde schicken oder ein Foto vom Wochenend-Ausflug teilen.

Wann direkter Kontakt unerlässlich ist

Und dann gibt es Bereiche, in denen die Zusammenarbeit vor Ort nicht zu ersetzen ist: bei der Ausbildung neuer Mitarbeiter zum Beispiel. „Ganz neu aufgenommene Mitarbeiter sind im Home Office verloren,“ meint Christian Klausner. „Idealerweise sitzt ein neuer Mitarbeiter mit drei erfahrenen im selben Zimmer und kriegt allein dadurch schon viel mit. Wenn die halbe Mannschaft zu Hause ist, wird das schwierig.“ Klausner kann sich nicht vorstellen, dass das Home Office die Anwesenheit in der Kanzlei vollständig ersetzen kann. Daher wird es bei HFP außerhalb des Lockdowns eine Anwesenheitserfordernis von mindestens 50 % geben, die restlichen 50 % der Arbeitszeit kann jeder, der möchte, im Home Office verbringen. Denn nicht jeder will überhaupt ins Home Office. Diese Regelung gilt für die Zeit der Coronakrise. „Wie wir das in der Zeit nach Corona handhaben, darüber diskutieren wir noch. Das wird spannend.“

Und auch die Klientengespräche laufen oft besser, wenn man einander direkt gegenüber sitzt. „Im absoluten Lockdown haben wir nur die allernotwendigsten Klientengespräche abgewickelt. Nach dem Lockdown haben wir aber sehr bald wieder persönliche Klientengespräche geführt“, erzählt Maria Fellinger. „Wir lösen das in der Kanzlei mit Abstand. Gerade in der Krise ist es wichtig, dass man Augenkontakt hat und dass ich die Reaktionen des Klienten auf meine Vorschläge sehe.“

Neue Balance zwischen Büro und Home Office

In einem Punkt waren sich alle drei Diskutanten einig: Es wird in Zukunft mehr Home Office in ihren Kanzleien geben. Dazu werden sie laufend in die weitere Digitalisierung ihrer Prozesse investieren. Und es wird auch darum gehen, eine gute Balance zwischen der Anwesenheit im Büro und der Arbeit von zu Hause aus zu finden. Eine Balance, die sowohl die Anforderungen an eine effiziente Zusammenarbeit als auch die individuellen Wünsche der Mitarbeiter miteinander verbindet.