Digitalisierung und KI

Schritt für Schritt zur digitalen Kanzlei

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Mag. Sabine Brandner, Steuerberaterin, Mediatorin, Unternehmensberaterin in Waidhofen/Ybbs, im Gespräch mit Franz Nowotny, Geschäftsführer bei dvo Software.

Franz Nowotny: Sie nehmen an der Case Study der KWT zum Thema Digitale Kanzlei teil. Worum geht es dabei genau?

Sabine Brandner: Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat österreichweit insgesamt 25 Kanzleien in diese Studie aufgenommen, die alle im Laufe eines Jahres ihre Kanzlei auf digitalisierte Abläufe umstellen. Für mich war das Thema schon länger brandaktuell und wir haben daher schon in den letzten Jahren immer wieder Teilbereiche digitalisiert. Nun wollte ich den Prozess jedoch strukturiert für die ganze Firma umsetzen – die digitale Kanzlei von Anfang bis Ende. Deshalb habe ich mich auch für die Case Study beworben.

Warum liegt Ihnen so viel an der Digitalisierung Ihrer Kanzlei?

Ein wichtiger Grund sind unsere Heimarbeitsplätze. Meiner zum Beispiel. Ich möchte in derselben Qualität zu Hause arbeiten, wie wenn ich im Büro sitze. Daher muss ich viel elektronisch erfassen und online arbeiten. Aber auch unsere Kunden fragen vermehrt nach mehr Digitalisierung, seien es elektronische Rechnungen, gescannte Belege oder Bankdatenimporte. Viele Kunden wollen ihre Daten elektronisch archivieren, das muss man als Kanzlei anbieten können. Und wenn das Endergebnis unserer Arbeit digital sein soll, muss auch die Vorarbeit bis zu einem gewissen Grad digital ablaufen.

Sie wollen also keine Ordner mehr schlichten?

Genau. Das ist auch ein logistisches Thema, denn die Anzahl der Unterlagen wird von Jahr zu Jahr mehr. Dann muss man Räume anmieten und vielleicht drei Jahre später Belege suchen. Das wollen wir nicht.

Wie werden Sie in Ihrem Digitalisierungsprozess unterstützt?

Als Studienteilnehmer bekommt man Unterstützung von der Kammer und kann sich auch regelmäßig mit Kollegen austauschen, die sich auch mit dem Thema Digitalisierung beschäftigen. Daneben trägt das monatliche Reporting für die Kammer dazu bei, dass wir uns konsequent mit Problemen beschäftigen und Lösungen suchen. Der Austausch mit den Kollegen hilft mir persönlich allerdings nur bei den rechtlichen Fragen, nicht aber bei Software-Themen. Ich wurde als dvo-Kanzlei in die Studie aufgenommen.

Was tun Sie jetzt bei Software-Fragen?

Ich habe gleich am Anfang mit dvo Kontakt aufgenommen und einen kleinen Hilferuf ausgestoßen, da es für mich in der Studie niemanden zum Netzwerken gab. Wenige Tage später waren zwei Kundenbetreuerinnen bei mir in der Kanzlei und gemeinsam haben wir einen sehr guten Plan für die Digitalisierung ausgearbeitet. Wir haben zu den einzelnen Softwarebereichen auch regelmäßig Mitarbeiterschulungen im Haus. Die Zusammenarbeit mit dvo ist also sehr intensiv.

Und auch der dvo Expertenpool hilft uns sehr. Das ist ein eingeladener Kreis von rund zwanzig Kanzleien, bei dem wir uns austauschen können und auch unsere Verbesserungswünsche für die Software bei dvo deponieren können. So entwickelt sich das Programm in die Richtung, wie wir es als Steuerberater brauchen.

Und wie bewährt sich inzwischen Ihr Digitalisierungs-Plan?

Beim Halbjahresmeeting der Studienteilnehmer waren wir im Vergleich sehr gut aufgestellt. Kinderkrankheiten gibt es immer. Aber im Großen und Ganzen sind wir mit unserer Software gut unterwegs. Sie könnte sogar noch viel mehr, nur nutzen wir es noch nicht. dvo bietet ein gutes Handwerkszeug an.

Wie weit sind Sie denn jetzt schon im Digitalisierungsprozess fortgeschritten?

Wir haben derzeit die Kanzleiorganisation mit dem WT.Organizer zur Gänze digitalisiert, die Personalverrechnung läuft schon zu 90 Prozent digital. Das Dokumentenmanagement ist seit Ende Februar vollständig digitalisiert, die Steuererklärungen und Jahresabschlüsse werden ab den Abschlüssen 2016 ebenfalls zur Gänze digital funktionieren. Nur die Finanzbuchhaltung ist noch nicht so digital, wie ich es gerne hätte. Aber wir schaffen unser Ziel jedenfalls bis Ende Juni.

Gab es Herausforderungen im Laufe der Umstellung?

Eine große Herausforderung war sicher, alle Mitarbeiter mitzunehmen und zu motivieren. So eine große Umstellung bewirkt Skepsis und teilweise sogar Angst. Immer wieder fällt einem auf, dass Arbeitsschritte in Zukunft vielleicht anders ablaufen müssen als bis jetzt. Eingeübte Abläufe müssen hinterfragt und neu konzipiert werden. Da müssen alle an einem Strang ziehen, sonst funktioniert es nicht. Und das ist uns gut gelungen.

Können Sie jetzt schon sagen, was die Digitalisierung gebracht hat?

Die Digitalisierung bringt künftig etwas. Jetzt haben wir vor allem viel Zeit investiert. In Zukunft werden wir aber viel Zeit sparen, zum Beispiel weil die Unterlagen für den Jahresabschluss schon gut aufbereitet vorliegen. Wir können in Zukunft auch jederzeit die Jahresabschlussarbeiten machen, da wir alle Unterlagen im Haus haben. Auch bei Besprechungen haben wir immer die vollständigen Unterlagen bei der Hand, weil nicht mehr alles zwischen Klient und uns hin- und herwandert. Ein großer Vorteil ist es auch, dass ich nicht mehr so an das Wissen eines Mitarbeiters gebunden bin. Jeder kann sehen, was der andere gemacht hat. Das macht uns flexibler. Und natürlich die Datensicherheit: Wir haben mit der Verknüpfung aus dvo und DocuWare nur mehr eine zentrale Datenbank, das ist mir wichtig. Dadurch haben wir alle Daten in einem sicheren Archiv gespeichert.

Würden Sie Ihren Kollegen empfehlen, ihre Kanzlei zu digitalisieren?

Unbedingt! Es wird in den nächsten Jahren kein Weg daran vorbeiführen. Für die Unternehmer, die jetzt nachkommen, wird es ganz selbstverständlich sein, dass das mitangeboten wird. Und in fünfzehn Jahren wird keiner mehr auf die Idee kommen, händisch eine Faktur einzubuchen, wenn sie aus dem System übernommen werden kann.

Was würden Sie anders machen, wenn Sie das Projekt mit der heutigen Erfahrung nochmals starten würden?

Nichts, glaube ich. Wir haben uns das vorher gut überlegt. Natürlich könnte alles immer schneller gehen. Aber man muss sich auch selbst die Zeit geben, um sich an die neuen Abläufe zu gewöhnen. Eines nach dem anderen zu machen, das war eine gute Entscheidung. Auch wenn der Mensch ein Gewohnheitstier ist, am Ende funktioniert die Umstellung doch.

Franz Nowotny & Mag. Sabine Brandner